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März 2023


Étienne Davodeau: Das Recht der Erde Das Recht der Erde - Eine Erzählung über den Boden, der uns trägt (Étienne Davodeau, Carlsen 2023, 216 S., HC, schwarzweiß)
Der Autor spannt in diesem Bericht über seine Wanderung von der Höhle Pech Merle in Okzitanien nach Bure in Lothringen einen weiten Bogen von der steinzeitlichen Zeichnung eines Mammuts bis hin zum geplanten Atommülllager in Bure. Der dazwischen liegende zeitliche Abstand lädt zu einem Vergleich der Hinterlassenschaften der Steinzeitmenschen mit denen der heutigen Menschen ein, die ihren radioaktiven Müll "unter den Teppich kehren" beziehungweise "alles in Löcher werfen", wie es der Nuklearwissenschaftler Bernard Laponche in diesem Reportagecomic ausdrückt: In einem Lagerraum in 500 m Tiefe werden die Nuklearabfälle hunderttausende Jahre lang gefährlich strahlen. Gut zu überwachende Belüftungsschächte sollen Gase ins Freie führen, damit nichts explodiert, wie Laponche erklärt. Den deutschen Ausstieg aus der Atomenergie findet er richtig. – Die 800 Kilometer lange Wanderung, die Étienne Davodeau aufgezeichnet hat, dient ihm einerseits dazu, den Inhalt seiner zu verschiedenen Aspekten geführten Gespräche mit Fachleuten und Aktivisten wiederzugeben, was an die Vorgänge rund um Gorleben erinnert, aber auch deutlich zu machen, was wir an Wertvollem an unserer Erde, ihrem Boden und ihrer Natur haben. (adi)

 
Cliff Chiang: Catwoman: Lonely City 2 Catwoman: Lonely City 2 (Cliff Chiang, Panini 2023, 108 S., HC, farbig)
Die ungewöhnliche Catwoman-Erzählung, die bereits im ersten Band viele Wandlungen der älter gewordenen Selina Kyle (Catwoman) und ihres Umfelds aufzeigte, setzt sich zur Freude der womöglich ebenfalls älter gewordenen LeserInnen wie zu erwarten fort. Das heißt, dass Selina mit Killer Croc, Poison Ivy, dem Riddler und dessen Tochter Edie und mit dem Computerexperten Winston ihre Bemühungen fortsetzt, der letzten Aufforderung nachzukommen, die sie vom sterbenden Batman erhielt. Sie sollte in die Bat-Höhle zu "Orpheus". Was es damit auf sich haben könnte, ist selbst dem Riddler (d.i. Edward "Eddie" Nigma) ein Rätsel. Zwischenzeitlich bemüht sich Barbara Gordon ihre Chancen auf die Wahl zur Bürgermeisterin von Gotham City gegen Harvey Dent zu verbessern. Dent setzt auf Polizeigewalt, um den Einwohnern der Stadt ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Dazu wäre es ihm ganz recht, wenn er Selina als Leiche oder wieder im Gefängnis hätte. Es kommt zum Gefecht. Es gibt Verluste. Gegen die geballte Macht der Ordnungstruppen des Rathauses kommen selbst ausgefuchste SuperschurkInnen nicht ohne spezialbegabte Mitstreiter an. (adi)

 
Stéphen Desberg/Luigi Critone: Der Skorpion 14: Das Grab eines Gottes Der Skorpion 14: Das Grab eines Gottes (Stéphen Desberg/Luigi Critone, Carlsen 2023, 48 S., SC, farbig)
Angeschossen von seiner Ex-Geliebten Ansea Latal, hatte sich der Skorpion (d.i. Armando Trebaldi) auf ein Schiff retten können, das ihn von Italien nach Kleinasien brachte. Nachdem sein Sohn, den er mit Marie-Ange de Sarlat hatte, getötet worden war, begann er in Konstantinopel die Suche nach seinem anderen Kind, das aus einer Liebschaft mit der Giftmischerin Mejai hervorging. Mejai mordet mittlerweile für El-Kabar, einen mächtigen Kaufmann aus Kairo. Der Skorpion trifft in Konstantinopel auf eine faszinierende Frau, eine Sabbatianerin, die seine Fähigkeiten als Archäologe benötigt, da sie in Luxor nach einer wichtigen Inschrift in einer verborgenen Grabkammer des Pharaos Echnaton sucht. Der Skorpion kommt ihrem Wunsch nach und hofft, in der Grabkammer so viele Schätze zu finden, dass er damit sein Kind befreien kann. Doch andere Menschen haben ebenfalls ein Interesse am Inhalt der Grabkammer, unter anderem Ivrahim Golam, der alle Spuren vernichten will, die dem Gründungsmythos seiner Glaubensgemeinschaft widersprechen. – Wie in einer spannenden Mischung aus den Abenteuern eines Indiana Jones', eines d'Artagnans und Casanovas sucht der Skorpion im Widerstreit vieler Absichten einen Ausweg aus einer sehr verzwickten Lage. (adi)

 
Paul Dini/Jimmy Palmiotti/Stephanie Philipps/Guillem March et al.: DC Celebration: Harley Quinn DC Celebration: Harley Quinn (Paul Dini/Jimmy Palmiotti/Stephanie Philipps/Guillem March et al., Panini 2023, 116 S., HC, farbig)
In der abwechslungsreich zusammengestellten Buchreihe um Figuren aus dem DC-Universum, wird dieses Mal Harley Quinn gewürdigt und gefeiert. Zur ehemals als Joker-Psychotherapeutin tätigen Dr. Harleen Quinzel sind in letzter Zeit auffällig viele besondere Comics herausgekommen, zum Beispiel "Harleen" von Stjepan Šejić oder "Harley Quinn: schwarz, weiß und rot" von Paul Dini, Amanda Conner u.a. Diese AutorInnen und ZeichnerInnen sind auch hier dabei, wenn es um ein Panorama zu Leben und Werk der schlagkräftigen Ex-Joker-Geliebten geht. Offensichtlich ist also die schelmische Harlekin-Frau bei Comic-LeserInnen beliebt. Auch dieses Mal spielt sie ihre Streiche: Dem braven und altgedienten Batman-Hausangestellten Alfred Pennyworth bleibt fast das Herz stehen, als er sie neben sich im Bett liegend vorfindet. Bei der von ihr organisierten, ausufernden Einweihungsparty für die neue gemeinsame Wohnung mit Poison Ivy (d.i. Pamela Lillian Isley) und Catwoman (d.i. Selina Kyle) springt eine fiese, kleine Überraschung aus der Torte. Der Pinguin (d.i. Oswald Chesterfield Cobblepot) muss darunter leiden, dass ihre Mitbewohnerinnnen etwas gegen Harleys Unterwürfigkeit dem Joker gegenüber unternehmen. – Die brillanten Fertigkeiten vieler Harley-ZeichnerInnen werden auch an den beeindruckenden Cover-Illustrationen im Anhang des Buches deutlich. (adi)

 
Marjorie Liu/Sana Takeda: Monstress 7: Verschlinger Monstress 7: Verschlinger (Marjorie Liu/Sana Takeda, Cross Cult 2023, 160 S., SC, farbig)
Ausgerechnet die geliebte Tuya bohrte einen giftigen Stachel in Maika Halbwolf. Damit mussten sich die LeserInnen am Ende von Band "Monstress 6" ungläubig abfinden. Ausgerechnet zu einer Zeit, in der Maika durch ihre Verwandlung Oberwasser zu erhalten schien, wird sie an machthungriges Gesindel verraten. Im verwirrenden Ränkespiel der verschiedenen Höfe und Kriegsparteien führt dieser Schachzug zum Transport von Maika mitsamt ihrer GefährtInnen zum Hof der Abenddämmerung, wo sich Krom, eine Schlange mit langen, spitzen Zähnen, in die Halbwölfin verbeißen will. Das Fuchsmädchen Kippa setzt sich ausdauernd und so gut sie es vermag für Maika ein. Der Krähenmann Corvin bleibt ebenfalls nicht untätig. – Die Zeichnerin dieses Fantasy-Spektakels erhielt für ihre Arbeit an "Monstress" zweimal, 2018 und 2022, den Eisner-Award als "Best Painter/Digital Artist". In gleich drei aufeinanderfolgenden Jahren ging der Hugo-Award "Best Graphic Story" an die ersten drei Bände von "Monstress" (2017, 2018 und 2019). Die Erzählung mit ihren zahlreichen und ungewöhnlichen Figuren ist bereits über tausend Seiten lang, deren Lektüre noch kein gutes Ende für Maika erkennen lässt. Sie sieht tatsächlich wie am Boden zerstört aus. (adi)

 
Sherri L. Smith/Agustin Padilla/Miguel Ángel Ruiz: Avatar - Das Blut von Pandora 3 Avatar - Das Blut von Pandora 3 (Sherri L. Smith/Agustin Padilla/Miguel Ángel Ruiz, Panini 2023, 92 S., SC, farbig)
Jake Sully und Neytiri hat es beim Angriff der Na'vi auf die Raumschiffe der brutalen Bergbaufirma RDA (siehe Das Blut von Pandora 2) ins All geschleudert. Die RDA-Truppen setzen erbarmungslos zum Gegenangriff unter Generalin Ardmore an. Die Devise lautet: "Was blau ist, stirbt!" Die Kinder L'oak, Kiri und Tuktirey von Jake und Neytiri sind durch ihre Eigensinnigkeit in die Hände von RDA-Sympathisanten geraten. Doch mit Hilfe ihres weißen Stiefbruders Miles "Spider" Soccoro können sie sich aus dem Biolabor befreien und weglaufen. Eine seitenlange Flucht vor der überlegenen Technik der RDA (Exoskelette, Spürbots) beginnt (> 70 Seiten, BUDDA- BUDDA- BUDDA!), in der ihnen ihre Eltern, Freunde und Verbündeten zu Hilfe eilen und den Aggressoren mit Pfeil und Bogen und mit Steinen große Verluste zufügen (KA-DOOM! YIIIIP!). Wohin das Ganze führt, ist klar, denn diese drei Comicbände sollen eine inhaltliche Verbindung zwischen dem Avatar-Film von 2009 ("Aufbruch nach Pandora") und dem zweiten von 2022 ("The Way of Water") herstellen. Der Weg endet also im Wasser. (adi)

 
Abitan/Guerrive/Schwartz: Spirou und Fantasio 54: Der Tod von Spirou Spirou und Fantasio 54: Der Tod von Spirou (Benjamin Abitan/Sophie Guérrive/Olivier Schwartz, Carlsen 2023, 56 S., SC, farbig)
Über sechs lange Jahre musste man auf die Fortsetzung von "Spirou und Fantasio" warten und dann ein Paukenschlag: Das neue Album titelt mit dem Tod von Spirou, dem braven Helden unseres comicabenteuerlichen Lebens, dem tapferen Burschen im Kampf gegen Diktatoren und Ganoven, dem ehrbaren Hotelpagen mit Eichhörnchen und roter Kappe, der unermüdlich schon seit 1938 im Dienste der guten Sache steht. Obwohl, dann ist er ja auch bereits weit über 80 Jahre alt, und schließlich starb selbst Superman 1993 im Kampf gegen Doomsday und auch Batman streckte 2009 gegen Darkseid der Heldentod nieder. Im Anhang des Albums erzählt Volker Hamann, dass laut der französischen "Spirou"-Ausgabe No. 4402 als Nachfolgerin für Spirou nun Steffani an der Seite von Fantasio tätig werden wird. Von Spirou sehen wir weiterhin nur seine Uniform durchs Wasser schweben (s. Titelbild), niemand weiß, wo er in der Unterwasserwelt rund um Korallion 2.0 geblieben ist. Fantasio konnte auf der Flucht aus dem vermeintlichen Unterwasser-Urlaubsparadies nur Pips retten. – Das neue Autorenteam nimmt die LeserInnen mit in eine Welt von heute, in der einige zyklotropische Erfindungen Einzug gehalten haben. (adi)

 
Michel Rabagliati: Paul zu Hause Paul zu Hause (Michel Rabagliati, Edition 52 2022, 208 S., SC, schwarzweiß)
Mit dem Titel "Paul zu Hause" gibt der Autor schon die Richtung vor, in der die Erzählungen dieser Grafiknovelle deuten sollen, nämlich Einblicke in das Zuhause des 51-jährigen Protagonisten zu geben. Wir erfahren vom Verhältnis der Hauptfigur, Paul Rifiorati, zu seiner Mutter, seiner Tochter, seinen Nachbarn, seinem Beruf und zu seinem Haus, seinem Arbeits- und Lebensmittelpunkt, den er allein in Ordnung zu halten bemüht ist. Unter die kurzweiligen, symbolischen oder berührenden Szenen dieses Buches, zum Beispiel den schmerzhaften Momenten beim Zahnarzt, der tristen Halbierung des alten Apfelbaums oder den Gesprächen mit der Mutter, mischt der Autor Informationen zu seinem Zeichenmaterial und seinem Beruf. Kurios wirkt dabei, dass er seine Abneigung gegen bestimmte Schriftypen zum Thema macht, wie sie auf Straßenschildern oder Verpackungen benutzt werden. (Im Anhang des Buches wird erklärt, dass Kanada tatsächlich mit einer Entscheidung zwischen den Schriftarten 'Highway Gothic' und 'Clearview' auf Wegweisern hadert.) Man könnte das als Atempause, als Ablenkung von den berichteten Einzelheiten verstehen, die Paul oder den Autoren dieser semi-autobiographischen Comics belasten. In Pauls Leben wechseln sich eher komische Vorfälle mit bitteren Erlebnissen ab. In der sehenswerten Verfilmung von "Paul à Québec" wird dieses Wechselspiel an Gefühlen auch auf der Leinwand deutlich. (adi)

 
Andreas Eikenroth: Dantons Tod Dantons Tod (Andreas Eikenroth, Edition 52 2023, 96 S., HC, farbig)
Der dritte Band des Büchner-Zyklus von Andreas Eikenroth gibt das Drama um den französischen Politiker Georges Danton als grafische Inszenierung wieder, in der Form, in der Eikenroth bereits "Woyzeck" und "Lenz" aufbereitete. Das heißt, es werden ganzseitige Simultandarstellungen genutzt, in denen sich die Figuren wie in einem Bühnenbild wiederfinden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen beim Lesen die grafischen Umsetzungen der im Büchnerschen Text gegebenen Reden, Monologe und Dialoge. Statt übervoller Sprechblasen bietet der Zeichner eine von Gestik und Mimik unterstützte, aufgelockerte Wiedergabe des originalen Textes von 1835 an. Dass er dabei einige Textteile auslässt, die bereits durch das Bild ausreichend zum Ausdruck gebracht wurden, versteht sich von selbst. Die von Büchner intendierten Charakterisierungen von Danton und Robespierre werden deutlich. Einerseits läuft ein grübelnder Robespierre wie ein Raubtier durch seinen Käfig, andererseits erscheint ein Danton, der sich offenbar zu sorglos oder selbstsicher den Anfeindungen stellt. – Im Alter von 34 Jahren starb Georges Danton unter der Guillotine und forderte seinen Henker als letzten Wunsch in Büchners Worten auf: "Und zeig den Leuten meinen Kopf. Er ist es wert, dass sie ihn sehen." Mit gut lesbaren, der Karikatur zuneigenden Zeichnungen lässt Eikenroth die LeserInnen an diesem schaurigen Kapitel der Französischen Revolution teilhaben. (adi)

 
Baru: Bella Ciao (due) Bella Ciao (due) (Baru, Edition 52 2022, 136 S., HC, farbig)
Baru setzt seine Schilderungen des Lebens der italienischen Einwanderer in Frankreich fort, die er in "Bella Ciao (uno)" begonnen hat. Er beginnt mit einer Erinnerung an das Jahr 1914, als die Generalmobilmachung ausgerufen wurde und sich unter Führung eines Enkels von Giuseppe Garibaldi, Ricciotti Garibaldi jr, eine Legion italienischer Freiwilliger den französischen Truppen anschloss. Der Großvater des Erzählers, Domenico, überlebte das Gemetzel und trug sein rotes Hemd (la "camicia rossa") mit Stolz, das ihn als Garibaldi-Anhänger auswies. Mit der Kirche hatte er nichts am Hut, aber für seinen Garten tat er alles. Zur Beschreibung des Alltags der italienischen Immigranten in fünf Episoden aus authentischen Familiengeschichten gehört auch die Auseinandersetzung der Anhänger des Duce und der Nazis mit denen, die sich für die Seite der Partisanen einsetzten. Das führt zu einer Tragödie. – Wie zu hoffen, bringt Baru zudem die Sehnsucht der Arbeitsimmigranten eindrücklich zu Papier, irgendwann in ihre Heimat zurückkehren zu können. Zuletzt wechselt der Autor und Zeichner in eine schwarzweiße Darstellung seiner Überlegungen zur Gestaltung des Schlussteils seines Buchs. Seine Freundin Élise holt ihn dabei zum Glück auf den Boden der Tatsachen zurück. (adi)

 
Thomas von Steinaecker/David von Bassewitz: Stockhausen Stockhausen – Der Mann, der vom Sirius kam (Thomas von Steinaecker/David von Bassewitz, Carlsen 2023, 392 S., HC, farbig)
Der Autor Thomas von Steinaecker lässt durch autobiografische Erinnerungen die Biografie Karlheinz Stockhausens lebendig werden. Das ist geschickt gemacht, abwechslungsreich und nachvollziehbar, und wird durch die grafische Umsetzung von Bernd von Bassewitz mit treffenden, teils doppelseitigen Eindrücken unterstützt. Durch die Lektüre des seitenstarken Buchs erklärt sich uns Stockhausens Suche nach neuen Klängen, nach ganz anderer Musik als der herkömmlichen. Seine schrecklichen Kriegserlebnisse, der frühe Verlust der Eltern, seine musikalischen Erlebnisse münden in einen Lebensweg, der 1949 mit einem ersten Hören von Arnold Schönbergs Zwölftonmusik in der Schulmusikklasse der Musikhochschule Köln beginnt. Ihm ist das aber noch zu gefühlsduselig: "Wohin haben uns denn all die großen Emotionen geführt?" Er widerspricht seinem Professor in Paris, der verlangt, man solle nie den Pfad der Tonalität verlassen, weil sich der Mensch danach sehne. Stockhausen gibt Kontra. Orchester und Publikum sind davon überfordert. Er wendet sich daher zunächst von der Instrumentalmusik ab. Der Gesang der Jünglinge zeigt, wohin die Reise geht (Dank Internet ist es möglich, sich dieses Frühwerk kostenfrei anzuhören, was man tun sollte, um der Geschichte Stockhausens nachspüren zu können). Für wenige Minuten Musik klebte er monatelang Tonbandschnipsel zusammen. Die Ergebnisse lassen interessiert aufhorchen oder an eine Aufzeichnung atmosphärischer Störungen glauben ("Katzenmusik"). Stockhausen ließ sich von der Kritik nicht beirren, sondern setzte seinen Weg durch Klangerzeugung, -anordnung und -überraschung mit immer neuen Ideen fort. (adi)

 
Serge Le Tendre/David Etien/Régis Loisel: Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit 11: Der närrische Samen Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit 11: Der närrische Samen (Serge Le Tendre/David Etien/Régis Loisel, Carlsen 2023, 72 S., SC, farbig)
Wie eine hochschwangere Frau, die rücklings im Wasser des Flusses Dol liegt, so zeigen sich die runden Steine des Archipels der Fruchtbarkeit den vier GefährtInnen, die sich dem Schutz Akbars vor dem Gott Ramor und dessen mordlüsternen Anhängern verschrieben haben. – Ritter Bragon und seinen Sidekick Bulrog mit Don Quijote und Sancho Pansa vergleichen zu wollen, ist ganz klar an den Haaren herbeigezogen. Don Quijote träumt seiner Dulcinea erfolglos hinterher, während Bragon seine Mara trotz des Vatermords verliebt in den Arm nehmen kann. Seine andere kampftüchtige Begleiterin, Kryll, nuss das eifersüchtig mit ansehen, während sie gleichzeitig Bulrog auf Distanz hält, der sich an sie heranmacht. Doch ihre Aufgabe verlangt, ihr eigentliches Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren, nämlich einen Samen aus dem Archipel der Fruchtbarkeit zu holen. Mara will ihn packen (siehe Titelbild), aber ganz ohne Hindernisse lässt sich die Sache nicht in den Griff bekommen. – Die Serie "Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit" erschien in zwei Abschnitten, der erste bis 1998, der zweite begann etwa zehn Jahre später. Die ersten vier Alben dieser famosen Fantasy-Reihe liegen seit 2021 als "Erster Zyklus" in einem Sammelband mit dem Titel 'Die Suche' vor, der zweite Zyklus ist für Mai 2023 angekündigt. (adi)

 
Dominique Grange/Jacques Tardi: Elise et Les Nouveaux Partisans Élise et Les Nouveaux Partisans (Dominique Grange/Jacques Tardi, Delcourt 2021, 176 S., HC, schwarzweiß)
Wie die Märzausgabe des Comicmagazins ZACK berichtet, erscheint das neue Tardi-Buch nicht in Deutsch. Die Gründe seien, dass zum einen die Autorin Dominique Grange im Nachwort ihre Ansicht zum israelisch-palästinensischen Konflikt zum Ausdruck bringe und man zum anderen daher fürchte, in die Nähe einer palästinensischen Boykottbewegung gebracht zu werden (s. ZACK 3/2023, S. 20). Man hat Angst vor der Diskussion um die politische Korrektheit einer Meinungsäußerung? Wie politisch unkorrekt ist das denn? Habermas wird im Dreieck springen. Zum Glück kann man sich selbst ein Bild des Ganzen machen, indem man sich den Comic in Englisch, Französisch, Niederländisch oder Spanisch besorgt, also den Sprachen. in denen er laut ZACK bereits veröffentlicht wurde. – Die von Tardi gezeichnete, umfangreiche Erzählung ist eine Autofiktion. Die Hauptfigur Élise ist offensichtlich die Autorin Dominique Grange selbst, wie man bei einem Abgleich zwischen dem Inhalt des Comics und ihrem Wikipedia-Eintrag feststellt. Als politische Aktivistin schildert sie ihren kämpferischen Einsatz und denjenigen ihrer maoistischen Gruppe in den 1960/70er Jahren für die Rechte von Arbeitern und Einwanderern. Sie lernte den Arbeitsalltag in Fabriken kennen. Sie ging trotz und gegen außergewöhnliche(r) Polizeigewalt auf die Straße. Sie landete im Knast. In einem Interview des französischen Fernsehens TV5 drückte sie die Hoffnung aus, dass man die damalige Zeit in Erinnerung behalte. Sie erklärt sich mit dem Widerstand der Palästinenser gegen die israelische Besetzung und Apartheid solidarisch. Angesichts ihrer Lebensgeschichte und Ideale versteht sich diese Haltung, deretwegen es das Buch in Deutsch nun nicht gibt. (adi)

 
Neil Gaiman/Kurt Busiek/Dan Slott/Jim Cheung/Stan Lee/Steve Ditko et al.: AmazingFantasySpiderMan Amazing Fantasy präsentiert Spider-Man (Neil Gaiman/Kurt Busiek/Dan Slott/Jim Cheung/Stan Lee/Steve Ditko et al., Panini 2023, 100 S., SC, farbig)
Nach geschätzt fast tausend Spider-Man-Heften in 60 Jahren verneigen sich eine Vielzahl von Comicautoren mit ihren Beiträgen vor einer legendären Superhelden-Figur: Peter Parker wurde in Amazing Fantasy Nr. 15 im August 1962 von der berühmten strahlenden Spinne gebissen. Als "The Amazing Spider-Man" geht er bis heute die Wände hoch. Die neueste, 2022 gestartete Spider-Man-Serie steht als sechste Staffel ('Volume 6') in der Datenbank. Deren erstes Heft erschien mit sage und schreibe 20 variants, also 20 verschiedenen Titelbildern, was die anhaltende Beliebtheit von Spider-Man unterstreicht. – Unter den abwechslungsreichen Geschichten des Sammelbands ist auch eine, in der Spidey sein Alter sehr schmerzhaft zu spüren bekommt. Des Weiteren erfahren die LeserInnen Hintergründiges aus dem Spider-Verse. Und Neil Gaiman erinnert an seinen Besuch bei Steve Ditko, dem Zeichner des ersten Spider-Man-Abenteuers, also diejenige mit dem Spinnenbiss. Als besonderen Bonbon druckt dieser Softcover-Band diese erste Spider-Man-Story aus dem Heft "Amazing Fantasy" #15 von 1962 ab. Damit wird die originale Ausgabe von "Amazing Fantasy #1000", auf der diese deutsche Ausgabe beruht, sehr erfreulich ergänzt. (adi)

 
Erik Varekamp/Mick Peet: Die Akte Kennedy 1 Die Akte Kennedy 1 (Erik Varekamp/Mick Peet, Carlsen 2023, 176 S., HC, farbig)
Vor dem Hintergrund heutigen Wissens ist die politische und moralische Leistung des Whiskyschmugglers, Börsenspekulanten und US-amerikanischen Botschafters Joseph Patrick "Joe" Kennedy (1888-1969) als negativ zu beurteilen. Zu dieser Einschätzung gelangt man beim Lesen dieser Biografie wegen der Darstellung seines Verhaltens gegenüber den Nazis, seines Lebenswandels und seiner Geschäftemacherei. Das überrascht. Mit dem Namen Kennedy verbindet man gemeinhin die Vorstellung von einer Lichtgestalt, nach der hierzulande Brücken und Straßen benannt wurden. Das war dieser Joe nicht. Immerhin schreiben die Autoren im Vorwort, dass man nicht alles in diesem Buch als gesicherte Erkenntnis ansehen dürfe, es handele sich um "eine satirische Darstellung". Im ausführlichen Epilog des Bandes erfährt man Weiteres. – Der Comic gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wird "Joe" Kennedy als jemand vorgestellt, der zwar Ambitionen auf das Präsidentenamt zeigt, sich als US-Botschafter in London aufgrund seiner politischen Haltung und Fehleinschätzungen aber nicht bewährt. Der zweite Teil handelt zudem von seinen Söhnen "Joe" Kennedy Jr., der seit einem Einsatz als Bomberpilot 1944 vermisst wird, und "Jack" Kennedy, der als John F. Kennedy später US-Präsident wird. Beide werden von Vater Joe auf geheime Missionen durch ein Europa geschickt, in dem kurz darauf der Zweite Weltkrieg ausbricht. (adi)

 
Lorenzo Coltellacci/Andrès Abiuso: M. C. Escher M. C. Escher – Unmögliche Welten (Lorenzo Coltellacci/Andrès Abiuso, Knesebeck 2023, 144 S., HC, farbig)
Leben und Werk von Maurits Cornelis Escher werden den LeserInnen dieser Biografie über ein Zusammentreffen des Schülers Mauk (der Kenner weiß gleich, wer das ist, die anderen erfahren es später) mit einem "Guide" erläutert, einem lehrbeflissenen, geisterhaften Führer durch eine Parallelwelt mit Zitaten aus Eschers Arbeiten. Dass dabei die in unserer Wirklichkeit nicht möglichen, aber faszinierenden Figuren im Vordergrund stehen, ist zu erwarten (siehe die Treppen im Titelbild) oder zu hoffen. Salvador Dalí sagte angesichts der grafischen Arbeiten von Escher, dass selbige Tore zu anderen Welten öffneten. Sind diese unmöglichen Figuren in anderen Welten vielleicht möglich? Das Buch gibt Denkanstöße. Es zitiert zum Beispiel Einsteins Anmerkung zum Konzept der Relativität bei Escher, es deutet eine Gemeinsamkeit mit Benoît Mandelbrots Fraktalen an (ohne das näher auszuführen) und es gibt René Magrittes fragwürdige Aussage zu Eschers Werk wieder, derzufolge Escher weder Künstler noch Mathematiker gewesen sei. Den Eindruck, dass man nicht beides gleichzeitig sein könne, vermittelt auch eine Stelle im Dialog zwischen Mauk und dem Guide ("Wenn du mir folgst, wirst du lernen, wie man Künstler wird... oder du paukst weiter Mathe"). Wenn man sich die Parkettierungen, Sphären oder "unmöglichen" geometrischen Objekte Eschers ansieht, erkennt man, wie sehr Escher auch Mathematiker war. Und seine Bedeutung als Künstler wird heute auch niemand mehr in Abrede stellen. (adi)

 
McFarlane/Lewis/Fernandez/Nachlik: King Spawn 2 King Spawn 2: Kampf um die Krone (Sean Lewis/Todd McFarlane/Javi Fernandez et al., Panini 2023, 140 S., SC, farbig)
Spawn, ehedem Al Simmons, soll König werden, also den Gottesthron besteigen, der aus Gebeinen von Feinden zusammengesetzt wurde und auf dem man die Qual der Seelen aus dem Jenseits spürt. Als Black Azrael, der gefallene Engel, den üblen Mammon zur Strafe auf diesen Thron setzt, geht das für diesen überaus schmerzhaft und blutig aus. Da könnte man verstehen, dass Spawn die ihm nachdrücklich angediente Ehre und den damit verbundenen enormen Machtzuwachs ablehnt, auch wenn ihm in Aussicht gestellt wird, dabei seine geliebte Wanda Blake wiederbeleben zu können. Auch sein Kumpel Terry Fitzgerald fiebert dieser Möglichkeit nach. Selbst das Bibelzitat "Als er aber König geworden war und den Thron bestiegen hatte, beseitigte er alle." wird bemüht, um den höllischen Konflikt zu beschreiben, der sich zwischen Spawn und den auf der Erde gefangenen Engeln und Dämonen ergeben hat. – Und dann mischt sich Gaia, Mutter Erde, in die Auseinandersetzung ein. Ein "Königsmörder" namens Simon wird auf Spawn angesetzt. Ob Simmons diese fintenreichen Spielchen rechtzeitig durchschaut, in denen sogar Wanda leibhaftig wieder vor ihn hingelegt wird? Gaia verlangt, dass er seine Wut ablegt. Dann würde auch mit Wanda alles wieder gut werden. Ha, wer glaubt denn, dass so etwas möglich ist? (adi)

 

Februar 2023


Aike Arndt: Verdammte Wirklichkeit Verdammte Wirklichkeit (Aike Arndt, Zwerchfell 2022, 208 S., SC, schwarzweiß)
"Omnipräsenz kann einsam machen". Zu dieser Erkenntnis lässt uns der feine Humor von Aike Arndt durch seinen sympathischen Gott kommen, der gleichzeitig überall sein könnte, wenn er nur wollte. In diesem Zustand fällt es ihm augenscheinlich schwer, sich selbst zu ertragen. – Mit kleinen Zeichnungen in einem kleinen Buch bringt Arndt auf den Punkt, worüber man sich Gedanken hätte machen können, zum Beispiel zur Abstandsregel, zum Gurkeneinkauf durch den Mond oder zum Missverhältnis zwischen der Zeit fürs Comiczeichnen und fürs Comiclesen: "Hat mich da'n Comic gestreift? Oder 'ne Eintagsfliege?" – Drei vorher als selbstproduzierte Heftchen erschienene Comics sind in diesem handlichen Band zusammengestellt worden: "Die Kunst und Gott", "Gott und Gott" und "Die Herrschaft des Alltags". Hinzu nahm Arndt eine Reihe von Comics, die ganz neu sind. Zwischenzeitlich hatte Arndt vorzüglich bei den Unheimlichen mitgearbeitet. Jetzt zeigt er wieder heitere Seiten dank seiner Beschäftigung mit Gott, der mangels Lichts den Baumarkt schuf und für den der Stein ein umweltfreundliches Fahrzeug ist. (adi)

 
François Schuiten/Benoît Peeters: Nach Paris Nach Paris – Gesamtausgabe (François Schuiten/Benoît Peeters, Schreiber & Leser 2023, 144 S., HC, farbig)
Karinh träumt von einem Besuch in Paris. Doch sie kann sich nicht einfach in ein Flugzeug oder einen Zug setzen, um in die Stadt des Eiffelturms, der Notre-Dame und des Arc de Triomphe zu reisen, denn sie lebt in der weit entfernten Kolonie Arche im Weltraum. Die Kolonialisten werden von den Terranern als "Memmen" und "Drückeberger" schlecht angesehen, weil sie 2051 heimlich von der verseuchten, untergehenden Erde ins All geflohen sind. Nun plant die Arche im Jahr 2156 eine neue Expedition zurück zur Erde, nachdem der Versuch 2116 leider nur halbwegs gelang. Karinh schafft es, für den siebenmonatigen Flug als Bordchefin des renovierten Transportschiffs Röhre eingesetzt zu werden. Zum Glück ist der alte Mediziner Mikhail Winckelmann mit an Bord, einerseits, weil das Durchschnittsalter der Reisenden 93 Jahre beträgt, andererseits, weil auch Karinh ab und an einen besonnenen Begleiter benötigt, der sie aus Träumen und Schwierigkeiten holt. – Grafisch ist dieser Band mit seinen vielen architektonischen Sichten ein typischer Schuiten. Inhaltlich erlaubt er ein Nachdenken über unsere Weg in eine beängstigende Zukunft. Dazu eignet sich die erzählerische Konstruktion eines Rückflugs aus der Zukunft zur Erde bestens. Zugleich dienen die stadtplanerischen Überlegungen im Anhang des Buchs als Aufruf zu einer gut überlegten, zukünftigen Gestaltung des großstädtichen Raums. (adi)

 
Tom King/Mitch Gerads: Batman - One Bad Day: Riddler Batman - One Bad Day: Riddler (Tom King/Mitch Gerads, Panini 2023, 76 S., HC, farbig)
Warum ist der Riddler nur so versessen darauf, seine Taten mit Rätseln anzukündigen? Warum gibt er Batman und Commissioner Gordon diese Nüsse zu knacken? Was ist in seiner Jugend nur schiefgelaufen? Auch diese Fragen könnten ewig Rätsel bleiben, hätte man sich nicht entschieden, in der Reihe "Batman - One Bad Day" über die schurkischen Gegenspieler Batmans tiefgründiger aufzuklären. Mit Enthüllungen zu Two Face und dem Pinguin wird diese Aufklärungsreihe bald fortgesetzt werden. – Edward Nigma, vulgo Der Riddler, war einst ein braver Schüler, angetrieben durch einen prügelnden Vater, herausgefordert durch einen Lehrer, der von ihm erwartete, am Ende schriftlicher Prüfungen auch noch ein Rätsel zu lösen, dessen Beantwortung in die Note einging. Da kann Edward bis zum Umfallen lernen, er schafft keine 1, wenn er die Frage "Welches Wort wird am häufigsten falsch buchstabiert?" nicht mit "falsch" beantwortet. Das empfindet er als ungerecht, wir vielleicht auch. Das Rätsel, das er dann viel später nach einer Mordtat dem Commissioner Jim Gordon stellen wird, erklärt einen guten Teil seiner psychischen Ausrüstung: "Es gibt ein Haus, das man blind betritt und sehend verlässt. Welches Haus ist das?" (adi)

 
Stan Lee/Moebius: Marvel Must-Have 67: Silver Surfer: Parabel Marvel Must-Have 67: Silver Surfer: Parabel (Stan Lee/Moebius, Panini 2023, 100 S., HC, farbig)
Auf einer Comic-Veranstaltung in den USA treffen sich Ende der 1980er Jahre Stan Lee und Moebius. Sie kommen auf die Idee, zusammen eine US-Superheldengeschichte auf die Beine zu stellen. Moebius schlägt den Silver Surfer als Heldenfigur vor. So kommen um den Jahreswechsel 1988/89 bei Marvel dann tatsächlich zwei Hefte dieser europäisch-amerikanischen Kooperation heraus, mit zusammen 49 Seiten. Im nun vorliegenden Must-Have-Band wurde noch eine damals weggelassene Seite "M7" hinzugenommen, wir erhalten also 50 Seiten Moebius-Comic. – Galactus landet mit seinem riesigen Raumschiff auf der Erde. Ein selbsternannter Prophet, Colton Candell, erklärt ihn zu einem Gott und die Bevölkerung folgt mehrheitlich Candells irreführenden Ansichten. Erst als die Schwester des Propheten, Elyna, in ihrem Einsatz gegen Galaktus attackiert wird und als Galaktus bei der Auseinandersetzung mit dem Silver Surfer immer mehr Gebäude in Schutt und Asche legt, ändert sich die allgemeine Meinung. – An den Comicteil des Bandes schließen sich Ausführungen von Stan Lee und Moebius an, die zur Entstehung des Bandes Auskunft geben. Moebius ("John Difool", "Major Grubert") berichtet darin von den Mühen, einen solchen US-Comic zu machen und sich dabei selbst treu zu bleiben. (adi)

 
Joris Chamblain/Fabrizio Petrossi: Dagobert und der Drache von Glasgow Dagobert und der Drache von Glasgow (Joris Chamblain/Fabrizio Petrossi, Egmont 2023, 56 S., HC, farbig)
Stabiler Umschlag, dickes Papier, die ungewöhnliche Geschichte aus Dagoberts Jugend verspricht eine Lektüre mit langer Haltbarkeit. Apropos Haltbarkeit, auch der alte Duck scheint mit großer Langlebigkeit gesegnet, denn die hier detailliert niedergezeichnete Geschichte spielt im Jahr 1877, als Dagobert mit seiner Schwester Mathilda in den Kohleminen der Stadt nach Abenteuern sucht. Wir sind in Schottland, in Glasgow, zu einer Zeit, als Kohle und Eisen dort für die Industrie eine große Rolle spielt. Wir sind nur 150 Meilen entfernt von Loch Ness, von dessen Ungeheuer seit dem Mittelalter berichtet wird. Ob es unten in den dunklen Minen auch ein Ungeheuer, einen Drachen gibt? Dagobert entwickelt einen trickreichen Plan, in dem die faszinierende Erin eine Rolle spielt, an die er wegen Tick, Trick und Track auch auf seine alten Tage noch zurückdenken wird. Erin schauspielert im städtischen Theater. Man gibt Romeo und Julia. Das ihr Schicksal bestimmende Zerwürfnis ihrer Familien hat leider im damaligen Schottland eine Entsprechung bei den Familien Duck und Whiskerville. Dietbert Duck, Dagoberts Vater, ist über den Umgang seines Sohnes empört. Dagobert wählt für sich die Möglichkeit, in Amerika sein Geld zu machen. Wir wissen, wozu das führt. (adi)

 
Jeremy Lambert/Marianna Ignazzi/Valentina Pinti/Claudia Balboni: Buffy (2020) 9: Vergiss mein nicht Buffy (2020) 9: Vergiss mein nicht (Jeremy Lambert/Marianna Ignazzi/Valentina Pinti et al., Panini 2023, 228 S., SC, farbig)
Was für ein Glück, dass Willow im Buffy-Multiversum den Jägerinnen die Türen offen halten kann. Obwohl dabei immer die Gefahr besteht, dass einem beim Wechsel von einem Universum in ein anderes die Lurker alle Erinnerungen rauben (siehe Buffy (2020) 8). Aber andererseits besteht die Chance, mit den gleichnamigen Jägerinnen anderer Universen Kontakt aufzunehmen und sich eventuell gegenseitig zu helfen. Der gemeinsame Feind der sympathischen Weltrettungstruppe ist Silas, Verschlinger von Welten und Erinnerungen. Doch Giles und Anya erwischt es, die Lurker schnappen zu, die beiden vergessen alles, obwohl man ihr Wissen in dieser Situation nötig bräuchte. Buffy muntert ihre Kameradinnen auf: "Ja, aber blöd gelaufen für Silas. Er hat uns... Er hat Willow nicht erwischt. Und jetzt werden wir diesen Ozzy 2.0 in Stücke reißen." Doch das ist gar nicht so einfach. – Den doppeltdicken Abschlussband der Geschichte aus dem Buffyversum haben drei Zeichnerinnen zu Papier gebracht. Angesichts der vielen Figuren scheint es hilfreich, sich ein kleines Verzeichnis anzulegen: helles Haar, schwarzes Hemd - Buffy, helles Haar, blaues Hemd - Anya, braunes Haar, rotes Hemd - Faith usf. Doch die wahren Buffy-Fans erkennen wohl ohnehin alle Jägerinnen und Wächter auf Anhieb. (adi)

 
Jeremy Barlow/Josh Hood: Avatar - Der nächste Schatten Avatar - Der nächste Schatten (Jeremy Barlow/Josh Hood, Panini 2023, 92 S., SC, farbig)
Jake Sully konnte sich auf Seiten der Na'vi gegen den irdischen Bergbaukonzern RDA durchsetzen, der Pandora ausbeuten wollte. Wie man aus dem ersten Avatar-Film weiß, wechselte Jake aus seinem gelähmten menschlichen Körper gänzlich in seinen Avatarkörper und führt nun den Clan der Omatikaya an. Die Erzählung des hier vorliegenden Avatar-Bands schließt an den Film an und gehört nicht zur Prequel-Reihe mit Avatar: Das Blut von Pandora für den neuen, zweiten Film. Vielmehr wird beschrieben, wie Jake in seinem Clan auf gefährliche Gegenspieler trifft, die offenbar seinen ausgleichenden Umgang mit den auf Pandora verbliebenen Menschen entschieden ablehnen, obwohl der Clan daraus einen zumindest medizinischen Nutzen ziehen könnte. Ein Kontrahent fordert Jake mit einem präparierten Messer zum Zweikampf um die Position des Anführers. Das Titelbild des Bandes zeigt diesen wesentlichen Moment der Geschichte (draufklicken, um es größer angezeigt zu bekommen). Jakes Frau Neytiri ist nicht in der Nähe und kann nicht helfen. Jake muss auf den Rückhalt anderer Na'vi und Menschen hoffen, um die mörderische Situation zu überstehen. – Der Comic gibt atmosphärische Einblicke in das verzaubernde und ferne Pandora und ins Seelenleben seiner großen blauen Ureinwohner. (adi)

 
Joe Hill/Dan McDaid: Sea Dogs - Blutige Wellen Sea Dogs - Blutige Wellen (Joe Hill/Dan McDaid, Panini 2023, 100 S., SC, farbig)
Der Klappentext verspricht Seemannsgarn, aber wer dabei an Geschichten mit Riesenkraken, dem Klabautermann oder dem Fliegenden Holländer denkt, der liegt daneben. Denn hier sind Werwölfe an Bord. Der Autor Joe Hill, nein, nicht der US-Arbeiterführer, sondern der Sohn von Stephen King, macht dem Namen der Familie alle Ehre und lässt in seiner Horrorstory den US-amerikanischen Geheimdienst drei Werwölfe in das britische Kriegsschiff HMS Havoc einschleusen. Wer die Werwölfe nun sind, das wissen zunächst weder die LeserInnen noch der Kapitän Merlin Wolstencroft, dessen Nachname den Horrorfan beiläufig an Mary Wollstonecraft Shelley erinnert. Ist der einäugige neue Schiffsarzt oder sein Gehilfe Jean ein Werwolf? Oder ist es Bill Krunk mit dem fauligen Zahn oder einer der Offiziere oder der Mohawk Konkapot? Der blutige Erfolg der Werwölfe scheint die HMS Havoc immer mehr außer Gefecht zu setzen. – Es ist das Jahr 1780. Im Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Kolonialmacht verliert die "Continental Navy" der Kolonisten fast alle Schiffe. Man hofft auf Hilfe durch die Franzosen und Spanier. Joe Hill schreibt eine Werwolf-Geschichte vor historischem Hintergrund, einem Krieg, der erst ein Jahr später in Yorktown an Land entschieden werden wird. (adi)

 
James Tynion IV/Lisandro Estherren/Yanick Paquette et al.: Sandman Albtraumland 1: Der lächelnde Mann Sandman Albtraumland 1: Der lächelnde Mann (James Tynion IV/Lisandro Estherren/Yanick Paquette et al., Panini 2023, 164 S., SC, farbig)
Die junge Studentin Madison Flynn malt. Das immer wiederkehrende Motiv ihrer Werke ist erschreckend: Sie malt den Korinther mit seinen Zähnen in den Augenhöhlen. Der Korinther ist ein Albtraum, geschaffen von Dream, einem der Ewigen. Er ist mit seinen Augen hinter den Augen seiner Opfer her, ein Erzähldetail, das die LeserInnen wohl an den Sandmann-Schauerroman von E. T. A. Hoffmann erinnert. Doch vor Madisons Augen taucht ständig noch ein anderes Monster auf, dick, schwabbelig und mit Zungen in den Augenhöhlen. Dieses Monstrum lächelt. Und es ist augenscheinlich kein Albtraum aus der Schmiede von Dream. Der Korinther besucht Madison und wundert sich über diesen Konkurrenten. Zwei weitere Monstrositäten, die Verkörperungen von Agonie und Ekstase, der eine blind, der andere superaktiv, mischen die gruselige Szenerie dieses ersten Buches zum Albtraumland zusätzlich auf. Man kann nur hoffen, dass der Herr der Träume in seinem Beritt die Ordnung bald wieder herstellt. – In diesem "Sandman"-Ableger wechseln sich mehrere ZeichnerInnen ab. In den ersten fünf Kapiteln werden die wasserfarbenen, mit dünnem Strich gefertigten Bilder jeweils für einige Seiten von klareren oder düstereren unterbrochen. Danach übernimmt Maria Llovet die Aufgabe die Hexe Tessaly ins magische Bild zu setzen. (adi)

 
Bill Willingham/Mark Buckingham/Steve Leialoha: Fables - Im tiefen, dunklen Wald 1 Fables - Im tiefen, dunklen Wald 1 (Bill Willingham/Mark Buckingham/Steve Leialoha, Panini 2023, 156 S., SC, farbig)
Nach hundertneunundvierzig Heften und einem dickeren Abschlussband mit dem Titel Farewell war die Erzählung 2015 eigentlich beendet. Die Welt der aus mehreren Märchen, Kinderbüchern und Sagen entlehnten Fabelwesen wurde zerstört. Doch jetzt wird fortgesetzt, wozu der Bürgermeister King Cole von Fabletown den Normalos erklärt, dass sich zweitausend ehemalige Einwohner seiner Stadt nun in alle Welt zerstreut hätten. Jack in the Green (siehe Titelbild) verschlägt es mit Pfeil und Bogen in den Wald, Cinderella landet in Manhattan in der Pathologie, Peter Pan und Tinker Bell schließen den Holzschnitzer Geppetto dauerhaft ein, die Familie von Snow White und Bigby Wolf baut sich in Hessen im Wald einen neuen Wohnsitz. Da dabei die Kinder nur stören, jagt Bigby sie davon: "Kommt erst wieder, wenn ihr ein großes Abenteuer erlebt habt." In den sich daran anschließenden, einfallsreichen Geschichten begleiten die LeserInnen die charakterlich so verschiedenen Ambrose, Winter, Connor und Blossom Wolf gespannt. Ersterer landet bei einem Bücherwurm, die zweite in einer Teetasse auf einem Schildkrötenrücken, der dritte schließt sich einem umherziehenden Helden an und die vierte öffnet arglos eine zugekettete Kiste. Snow White sorgt sich nach einiger Zeit um den Verbleib ihrer Welpen. Doch Bigby erwartet, dass sie sich durchsetzen werden, typisch Wolf. (adi)

 
Sherri L. Smith/Diego Galindo et al.: Avatar - Das Blut von Pandora 2 Avatar - Das Blut von Pandora 2 (Sherri L. Smith/Diego Galindo et al, Panini 2023, 92 S., SC, farbig)
Die Bergbaufirma RDA nähert sich mit zehn Schiffen dem Planeten Pandora. Die dortigen Ubtonium-Vorkommen locken die Terraner an. Als die RDA seinerzeit von den Na'vi, den Bewohnern Pandoras, vertrieben wurde, ließ man Ubtonium-Vorräte für gut 3 Trillionen Dollar zurück. Jetzt will man unter Führung von der Generalin Ardmore wieder ungehindert an die Bodenschätze heran. Jake Sully hat seine Mitkämpfer von den Na'vi auf diesen Angriff vorbereitet (siehe auch Das Blut von Pandora 1) und verbietet Ardmore den Zutritt zu Pandora. Sie will sich von "blauen Affen" und "linken Terroristen" aber von ihrem Vorhaben nicht abbringen lassen. Hätten Jake und seine Frau Neytiri nur mit der Generalin zu tun und nicht auch noch mit unsicheren Kantonisten in den eigenen Reihen und mit ihren eigensinnigen Kindern, ließe sich ihr Plan eines Präventivschlags gegen die feindliche Armada sicherlich einfacher ausführen. Doch so kommt es zu einer verlustreichen und ausufernden Raumschlacht, deren Ausgang im dritten Band dieser Trilogie zu lesen sein wird. Wer den zweiten Avatar-Film bereits gesehen hat, der in den ersten zwei Monaten schon über zwei Milliarden $ eingespielt hat, wird wissen, wer von den Kämpfern dieses langatmige Gefecht (> 40 Seiten!) übersteht. (adi)

 

Januar 2023


Arnaud Delalande/Éric Liberge: Fritz Lang Fritz Lang (Arnaud Delalande/Éric Liberge, Knesebeck 2023, 112 S., HC, farbig)
Der schnauzbärtige Kommissar lässt Fritz Lang nicht in Ruhe. Er taucht in dieser Comic-Biografie wiederholt auf und erinnert daran, dass Fritz Langs erste Frau Elisabeth 1920 auf nie ganz geklärte Weise zu Tode gekommen ist. Mit diesem tragischen Vorfall beginnt die nun erschienene Biografie zum Leben und zur Arbeit des vielbeachteten Regisseurs, den seine Frau 1920 im Bett mit Thea von Harbou angetroffen haben soll. Nach den Drehbüchern von Thea, die er 1922 heiratet, entstehen zunächst "Der müde Tod", "Die Nibelungen" und "Metropolis". Obwohl die Ehe schon bald scheitert, arbeiten die beiden bis hin zu "Die Frau im Mond", "M" und "Das Testament des Dr. Mabuse" weiter zusammen. Die Comic-Biografie spult nicht einfach die Geschichte dieser Filme ab oder listet nüchtern Lebensdaten auf, sondern die Biografen setzen Schwerpunkte durch die Darstellung der aufreibenden Arbeit des Meisterregisseurs zum Beispiel an "Metropolis" und sie beschreiben in längeren Passagen die Übernahme der Macht durch die Nazis. 1933 verlässt Lang nach einem Gespräch mit Goebbels fluchtartig Berlin. Die eindrucksvollen Schlussseiten erklären seine Entscheidung. Er lässt alles hinter sich und verschwindet über das aufgewühlte Meer in eine andere Welt. (adi)

 
Bastien Vivès/Martin Quenehen: Nationalfeiertag Nationalfeiertag (Bastien Vivès/Martin Quenehen, Schreiber & Leser 2023, 256 S., HC, zweifarbig)
Der Titel dieses ungewöhnlichen Krimis bezieht sich auf den 14. Juli, also dem französischen Nationalfeiertag, der in einer kleinen, beschaulichen Gemeinde, dem Schauplatz der nachdenklich machenden Erzählung, auch seitens der Polizei vorbereitet wird. Man gibt sich sorglos, aber der junge Polizeianwärter Jimmy Girard denkt an einen möglichen terroristischen Anschlag. Als Grund dafür fällt einem wohl zunächst der Terroranschlag vom 14. Juli 2016 in Nizza ein, auf den sich die Autoren aber nicht namentlich beziehen. Offenbar geht es ihnen allgemein um den Zeitgeist im Frankreich jener Jahre. Als der Maler Vincent Louyot und seine Tochter Lisa in Jimmys Gemeinde eintreffen, wird ein Attentat, bei denen Vincents Frau Catherine umkam, als Grund für ihr Kommen aus Paris genannt. Er wolle den Sommer über Trauerarbeit leisten, sagt Vincent, der von Vivès so gezeichnet ist, dass er an den Religionskritiker Michel Houellebecq erinnert. Schnell kommt Jimmy dahinter, dass Vincent noch ganz andere Absichten hat. Eigentlich müsste sich Jimmy als Polizist nun ganz anders verhalten, als er es dann macht. Es bleibt den LeserInnen überlassen, für Jimmys Verhalten Verständnis zu zeigen oder doch besser zu rätseln, warum die Autoren kein moralisch korrektes Ende anstreben. Ist Jimmy denn nun ein Held? (adi)

 
Sam Johns/James Tynion IV/Mirka Andolfo: Punchline - Der Prozess Punchline - Der Prozess (Sam Johns/James Tynion IV/Mirka Andolfo et al., Panini 2023, 132 S., SC, farbig)
Auf Punchline (d.i. Alexis Kaye) als Nachfolgerin und Widersacherin von Harley Quinn stießen wir erst kürzlich, als Batman in finstere Pläne verstrickt wurde. Der schlagfertigen Joker-Favoritin soll nun der Prozess gemacht werden, wozu sie in der Strafanstalt Blackgate verwahrt wird. Dort herrscht Pikdame, Anführerin der Royal Flash Gang, die sie umgehend und kurz und schmerzvoll beerben kann. Nun müssen noch ihre Karten bis zu einem angestrebten Freispruch vor Gericht richtig gemischt werden. Die Killerwalmutation Orca (d.i. Dr. Grace Balin) schlägt hoffentlich auf der richtigen Seite zu. Bluebird (d.i. Harper Row) und die Gutachterin Dr. Leslie Thompkins versuchen Punchline die (Mit-) Schuld an einer Reihe von Morden nachzuweisen, die angeblich auf das Konto des Jokers gehen. – Aus 15 Kapiteln à 8 Seiten setzt sich dieser Einblick in den mörderischen Charakter einer neuen Superschurkin zusammen. Die Kapitel erschienen jeweils als Zweitgeschichte in der US-Serie The Joker in den Jahren 2021 und 2022, zeigen also ein aktuelles Bild der Lage in Gotham nach dem Joker-Krieg. Dazu meint Bluff, der Freund von Harpers Bruder Cullen, fachkundig: "Gotham ist eine harte Stadt. Jeder hat eine Vorstrafe oder hängt von jemandem mit Vorstrafe ab..." (adi)

 
Nicoby/Vincent Zabus/Jostein Gaarder: Sophies Welt 1 Sofies Welt oder die Geschichte der Philosophie 1: Von den Anfängen (Vincent Zabus/Nicoby/Jostein Gaarder, Hanser 2022, 264 S., HC, farbig)
Erst seit ein paar Wochen in den Läden und schon gibt es eine zweite Auflage der Graphic Novel zu dem berühmten Philosophie-Buch von Jostein Gaarder. Dem Mädchen Sofie Amundsen werden darin klassische Fragen gestellt, die die Menschen seit jeher beschäftigen: Wer bin ich? Woher kommt die Welt? Wie soll man leben? Sofie wird dazu von einem mysteriösen Unbekannten ein Philosophiekurs angeboten. Dieser Kurs folgt für Sofie und den Lesenden den historischen Abläufen, beginnt also bei den Gedanken der griechischen Naturphilosophen und bei Demokrit (460-370 v. Chr.), dessen Atomtheorie mit Legosteinen veranschaulicht wird. Aus Sokrates' philosophischer Gesprächstechnik ergibt sich für Sofie sogleich ein Nachdenken über Fakten zur Klimaerwärmung. Den Autoren ist erfreulicherweise an Gegenwartsbezug gelegen. Schön klingt in diesem Zusammenhang die von Sokrates benutzte Bezeichnung Ultrakrepidarier für "Menschen, die sich außerhalb ihrer Kompetenz zu etwas äußern". Auch das Höhlengleichnis von Platon bietet Anknüpfungspunkte zur Erklärung aktueller Phänomene in den sozialen Blasen des Internets. In einfach gehaltenen, gut lesbaren Zeichnungen führt dieser erste Band bis in die Welten von Renaissance und Barock. Und Sofie rebelliert. Gut. (adi)

 
Édouard Aidans/Yves Duval/Jacques Acar: Sven Janssen Integral 1 Sven Janssen Integral 1: 1963-1967 (Édouard Aidans/Yves Duval/Jacques Acar, Kult Comics 2021, 264 S., HC, farbig)
Wiederum vorbildlich – und wie bei diesen mit 'Integral' bezeichneten Sammelbänden üblich – führt ein Dossier in die Serie aus comichistorischer Sicht ein (siehe auch "Adler Integral 1", "Timmi Tambour Integral 1" oder "Lou Smog Integral 1"). Bildet man mit dem mathematischen Integral die Summe von Flächenstücken, so bildet man mit diesen Integral-Bänden eine Art Summe an Fakten und Erzählungen, die zu einer Serie gehören, womit folglich eine Gesamtschau auf ein Stück Comiczeitgeschichte möglich wird. Dieses Mal leistet Volker Hamann die gründliche Einordnung von "Sven Janssen" in den frankobelgischen Comic der 1960er Jahre. Damit erklärt sich dann, warum der Abenteurer Sven Janssen in der zweiten Erzählung ein anderes Umfeld erhält, in der nicht mehr die Tante samt Diener, sondern seine Familie mit einem roten VW-Bulli an Svens Seite steht. Sven verdingt sich als Fotojournalist. Mit dem roten Bulli erreichen die Janssens Afrika, wo sie bedrohliche Situationen mit gefährlichen Tieren, Pygmäen und Deutschen durchzustehen haben (zwei vertauschte Seiten stören dabei nicht wirklich). Es geht für das UN-Kinderhilfswerk und andere Auftraggeber oder privat nach Asien, Lateinamerika, Portugal und mehrmals nach Afrika mit Erzählungen, denen man ihr Alter natürlich anmerken sollte. (adi)

 
Guilherme Balbi/Sherri L. Smith: Avatar - Das Blut von Pandora 1 Avatar - Das Blut von Pandora 1 (Sherri L. Smith/Guilherme Balbi, Panini 2023, 92 S., SC, farbig)
Mit Hilfe seines Avatars konnte sich Jake Sully im Auftrag einer Bergbaufirma auf dem Mond Pandora bei den Ureinwohnern, den Na'vi, um deren Einsicht bemühen, ihren angestammten Platz wegen der darunterliegenden Bodenschätze verlassen zu müssen. Die Na'vi lehnten das entschieden ab. Es endete mit einem Angriff der brutalen Miliz der Firma auf die Heimat der Na'vi und unterbrach auch Jakes Beziehung zu seiner geliebten Neytiri. Aber es kam im so erfolgreichen Film von 2009 für Jake und Neytiri zu einem glücklichen Ende und später zu einigen Kindern: Neteyam, Kiri, Lo'ak und Tuktirey. Zum Ritual der Aufnahme Jakes bei den Na'vi gehörte das Zureiten eines Drachens. Das gelang ihm dank Geschick und Ausdauer so wie Old Shatterhand bei Mr. Henrys Rotschimmel. Jetzt aber steht sein Sohn Lo'ak vor dieser gefährlichen Aufgabe, wovon der erste Teil dieses Comics erzählt, der anschließend von den Vorbereitungen auf die Rückkehr der Bergbaufirma und vom menschlichen Kriegswaisen Spider handelt, der sich auf Pandora nur mit Schutzmaske aufhalten kann. – Dieser erste von drei Teilen leitet als Prequel zum aktuellen Avatar-Film "The Way of Water" auch zeichnerisch gelungen in die verzaubernde, urweltliche Atmosphäre Pandoras ein, dessen Natur und Kultur sich ein weiteres Mal ökonomischen, terrestrischen Interessen unterordnen soll. (adi)

 
Jim Ottaviani/Jerel Dye: Einstein Einstein (Jim Ottaviani/Jerel Dye, Panini 2023, 304 S., HC, farbig)
Mit einer solchen Persönlichkeit wie der des leidenschaftlich neugierigen Physik-Genies Albert Einsteins lohnt sich die Auseinandersetzung unter mehrerlei Blickwinkeln. Diese Biografie zeichnet zuvorderst seinen Werdegang und Lebensweg nach. Dabei lassen die Autoren auch die Grundzüge der Erkenntnisse Einsteins aufscheinen, ohne dass allzu sehr ins Detail gegangen wird. Anders als im Sach-Comic "Einstein für Anfänger" von 1979, der eigentlich kein Comic ist, sondern ein illustriertes Sachbuch, ist das nun vorliegende "Einstein" ein seitenstarker, veritabler Comic, der das Hin und Her in der Karriere des Neudenkers unter Berücksichtigung der historischen Geschehnisse ins Bild setzt, wobei sein kritikwürdiger Umgang mit seinen Frauen und Kindern ganz und gar nicht ausgespart wird. Während es der damalige Sach-Comic des Physikers Joseph Schwartz den leidlich mit dem Satz des Pythagoras, den Newtonschen Gesetzen und etwas Algebra vertrauten LeserInnen ermöglichte, verständig bis zur famosen Gleichung E = m · c² zu gelangen, so legen es die Autoren dieses neuen Buchs nicht darauf an, eine Art Physik-Lehrbuch vorzulegen. Immerhin behandeln sie auch die Ideen zur allgemeinen, während der Sach-Comic sich auf die spezielle Relativitätstheorie beschränkt. Ob nun Heisenbergs Unschärfe, Bohrs Atommodelle oder Schrödingers Katze, das Buch bietet genug Anreize, sich mit physikalischen Phänomenen näher zu beschäftigen. Das James-Webb-Weltraumteleskop zeigte kürzlich "stark gelinste Hintergrundgalaxien". Einstein wäre begeistert, welche Ergebnisse seine im Buch beschriebenen Ideen heute erbringen. (adi)

 

Jeremy Lambert/Ramon Bachs et al.: Buffy 7: Eine Welt ohne KrabbenJeremy Lambert/Mirka Andolfo et al.: Buffy 8: Ein Regenbogen auf ihrem Kopf Buffy (2020) 7: Eine Welt ohne Krabben (Jeremy Lambert/Ramon Bachs/Valentina Pinti et al., Panini 2022, 128 S., SC, farbig)
Buffy (2020) 8: Ein Regenbogen auf ihrem Kopf (Jeremy Lambert/Mirka Andolfo/Carmelo Zagaria et al., Panini 2022, 116 S., SC, farbig)
Die vier Vampirjägerinnen Buffy, Kendra, Faith und Morgan zusammen mit ihren Wächtern Rupert, Robin, Wesley und dessen Begleitgeist Ethan, dann noch der Fledermauskobold Grawilburrk, dazu Anya, Willow, Xander, Cordelia und andere, die Anzahl der an der 2020 gestarteten Buffy-Story und den neuen beiden Sammelbänden beteiligten Figuren wird immer länger (siehe auch "Buffy 6"). Das ist für die "Buffy"-KennerInnen natürlich kein Problem, sondern eher eine Bereicherung einer Welt, die sich jetzt auch noch in parallele Universen aufteilt. Parallelität heißt hier nicht, dass sie überall grundsätzlich gleichen Abstand voneinander haben, aber dass sie sich jedenfalls nicht gegenseitig so durchdringen, dass eine Welt von einer anderen Kenntnis nehmen kann. Doch die Fähigkeiten von Willow oder Anya schaffen Durchgänge zwischen den Welten, die zum einen die Möglichkeit eröffnen, dass Hindurchgehende auf ihr paralleles Selbst treffen, und zum anderen, dass man Lurkern zum Opfer fällt, monströsen Skelettwesen, die einem die Erinnerung wegfressen, oder dass man in einer Welt der Vergangenheit landet, in der Xander noch brav und ohne Augenklappe zur Scooby-Gang gehört und in der es tatsächlich Krabben gibt. (adi)


 
Matt Fraction/Elsa Charretier: November 1 November 1: Die Frau auf dem Dach (Matt Fraction/Elsa Charretier/Matt Hollingsworth, Schreiber & Leser 2022, 152 S., HC, farbig)
Für 500 Dollar pro Tag macht sie es: Dee lässt sich recht schnell überreden, einen seltsamen Auftrag vom mysteriösen Mister Mann anzunehmen. Dazu hat sie täglich ein Rätsel aus der Morgenzeitung zu lösen und mit Hilfe einer Annonce von Mister Mann in derselben Zeitung einen Schlüsselcode zu bestimmen. Dann steigt sie aufs Dach zur Funkstation neben dem Taubenschlag und sendet den Code aus. Für Dee wird das viele Geld zur Belastung. Aber Mister Mann droht ihr mit dem "Ende der verfluchten Welt", wenn sie mit ihrem Job aufhört. – In der Polizeiwache nimmt die völlig überarbeitete Polizistin Kay Kowalski den Anruf einer Frau entgegen, die eine Pistole in einer Pfütze gefunden hat. Sie schickt eine Streife hin. – Jetzt wird es spannend: Emma-Rose, die Frau, die die Pistole fand, landet von Polizisten gefesselt in einer Art Lagerhaus, wo sich bereits Dee befindet, ebenfalls gefesselt. – Es lässt sich nach und nach erahnen, dass hier einige Polizisten tief in kriminelle Machenschaften verwickelt sind. Die Erzählung besticht dadurch, dass sich die Zusammenhänge nicht plump und simpel erschließen lassen, sondern vom Lesenden Beobachtungs- und Kombinationsbereitschaft fordern. Die weiteren und abschließenden Teile dieses Krimis haben die Autoren bereits geschrieben und gezeichnet, so dass man bis zur Auflösung des Falls nur noch etwas abwarten muss. (adi)

 
Mariko Tamaki/Amancay Nahuelpan: Crush & Lobo Crush & Lobo (Mariko Tamaki/Amancay Nahuelpan, Panini 2022, 212 S., SC, farbig)
Crush ist außerirdisch ungewöhnlich. Ihr Vater Lobo fräggte in den 1990er Jahren durch einige Dutzend Dino-Hefte. Er war der Letzte der Czarnianer (weil er alle anderen Czarnianer killte). Aber er bekam eine Tochter, Crush, ebenso bleich und krass wie er. Lobo sitzt derzeit im intergalaktischen Knast. Lobos Gefängnistherapierobot Z1-A stuft es als "förderlich für [den] Heilungsprozess" ein, wenn Crush ihren Vater besuchen käme. Also "leiht" sie sich ein Raumschiff und fliegt los. Ein rachsüchtiger Kaffeeologe, der sie aufhalten will, wird ohne Rücksicht auf Verluste weggesprengt. Danach geht es für sie als Anhalterin im Müllschiff weiter. Schnell merkt Crush nach ihrer Ankunft, dass sie ihren Vater besser nicht hätte besuchen sollen. – Der witzige Comicband lebt davon, dass sich mit außerordentlichen Kräften ausgestattete Czarnianer so egoistisch verhalten, dass man an der sozialen Unkorrektheit seinen Spaß hat. Die eigene Tochter so richtig in die Pfanne zu hauen, das ist Lobo, völlig frei von Schuldgefühlen. Crush muss sich nun statt seiner von Therapie- und Bewachungsrobotern gängeln lassen. Besonders an diesem Comic ist auch, dass die Autorin Mariko Tamaki ("Ein Sommer am See") die Hauptfigur Crush als Erzählerin einsetzt, die sich im Text immer wieder direkt an den Lesenden wendet. Sympathischer als ihr Vater wirkt und ist sie damit allemal. (adi)

 
Tim Seeley/Baldemar Rivas: Robins: Alle zusammen! Robins: Alle zusammen! (Tim Seeley/Baldemar Rivas, Panini 2022, 148 S., SC, farbig)
Wie die "Fünf Freunde" von Enid Blyton bestehen die fünf Robins gemeinsam Abenteuer, wobei es nicht unbedingt immer freundschaftlich zugeht, Red Hood schickt Red Robin bei Bedarf hart auf die Bretter, aber man hält in diesem Sammelband fest zusammen, um eine gemeinsame Bedrohung aus dem Weg zu schaffen. Der Wunsch, einmal alle Robins in einer Geschichte und Heftserie zusammenzubringen, stammt von den LeserInnen. Der Verlag ließ dazu in einer Leserwunschaktion verschiedene Vorschläge in einem "Round Robin" genannten Verfahren gegeneinander antreten, kann man googeln, hat nichts mit den Robins zu tun, die als Batmans Gehilfen auftreten. Mit dem ersten Robin, Dick Grayson ("Nightwing"), begann , dann übernahm Jason Todd ("Red Hood") diese Rolle, gefolgt von Tim Drake ("Red Robin"). Für kurze Zeit war danach Stephanie Brown ("Spoiler") eine Robin, bestand aber ihre Prüfung nicht, so dass Damian Wayne, Batmans Sohn, den Posten des Robin für sich in Anspruch nahm. Das also sind die fünf Robins. Aber eine Robin-Kandidatin hatte keiner mehr auf dem Zettel: Anita Jean aka Jenny Wren! Sie wurde von Batman entsetzt abgelehnt, was das letzte Kapitel dieses Buches erklärt. Wie alle anderen Robins ihre Prüfungen ablegten, das wird zusammenfassend im zweiten Kapitel gezeigt. Die Trugbilder und Spielsituationen, denen die Helden ausgesetzt werden, verwirren nicht nur, sie machen auch überdeutlich, dass man seine sensiblen Computerdaten vor Hackern schützen muss. Auch du, Batman! (adi)

 

Stephanie Williams/Vita Ayala/Alitha Martinez et al.: Wonder Woman - Nubia und die AmazonenStephanie Williams/Vita Ayala/Becky Cloonan et al.: Wonder Woman - Kampf der Amazonen Wonder Woman - Nubia und die Amazonen (Stephanie Williams/Vita Ayala/Alitha Martinez et al., Panini 2022, 132 S., SC, farbig)
Wonder Woman - Kampf der Amazonen (Stephanie Williams/Vita Ayala/Becky Cloonan et al., Panini 2022, 244 S., SC, farbig)
Themyscira, die versteckte Insel der Amazonen, lässt sich über deren Botschaft im Bostoner Hafen erreichen. Oder frau entsteigt auf Themyscira als wiedergeborene Amazone dem Brunnen der Seelen, in dem die Seelen gewaltsam zu Tode gekommener Frauen ruhen. So paradiesisch die Amazoneninsel auch erscheinen mag, sie grenzt jedoch, nur getrennt durch das Tor des Untergangs, an das Höllenstraflager Tartaros, also den Teil des Hades, in dem monströse Kreaturen einsitzen. Die Amazonen haben die wichtige Aufgabe, dieses Höllentor zu bewachen, wozu immer die fähigste von ihnen als "Heldin" eingesetzt wird. – Nubia, Hauptfigur dieser wie gewohnt mit Motiven aus der griechischen Mythologie versehenen Erzählung, kam durch den Brunnen der Seelen nach Themyscira. Sie bewährte sich lange Zeit als Heldin des Tores. Nach einer Mutprobe übernahm sie von der damaligen Königin Hippolyta deren Amt. Nubias Amtsführung ist nicht unumstritten, da Medusa, die Gorgone mit dem versteinernden Blick, nach Themyscira eindringen konnte. Wie Nubia mit dem Stab des Verstehens dieses Problem löst, erzählt der erste Band der insgesamt über dreihundert Seiten langen Geschichte. Der zweite Band "Kampf der Amazonen" setzt mit den Forderungen zweier anderer Amazonenstämme fort, denen aus Bana-Mighdall unter Königin Faruka und den südamerikanischen Esquecida mit Yara Flor ("Wonder Girl"), an den Wettkämpfen für die Heldin des Tors teilnehmen zu dürfen. Sie trauen den Amazonen von Themyscira nicht mehr zu, das Tor sicher zu bewachen. Dann geschieht ein Mord. Prinzessin Diana ("Wonder Woman") will nun ihr Lasso der Wahrheit einsetzen. Dagegen regt sich Widerstand. Die Bewachung des Tors hat Vorrang. – Dieser Comic, in dem (natürlich) ausschließlich Frauen vorkommen (bis auf einen einsamen Widerständler), bildet ein Gegenstück zu den Comics, in denen die kämpfenden Helden zumeist männlich und die Frauen nur "eye candy" sind (wie in Erlangen 2022 beklagt). An der üblichen Zutat, sich mit heroischem Mut, Kampf und Wunderwaffen im Finale gegen den Feind durchzusetzen, fehlt es auch in diesem Amazonencomic selbstverständlich nicht. Immerhin mustergültig, dass, trotz aller vorhergehenden Streitereien untereinander, letzten Endes gemeinsam entschlossen gegen die Bedrohung vorgegangen wird, um dadurch am Tor des Untergangs zu siegen ("Bei Hekates Feuer, das war Magie"). Ein solches Handeln wünschte man sich auch beim Klima- und Artenschutz. (adi)


 
René Goscinny/Albert Uderzo: Asterix Max! 3 Asterix Max! 3 (René Goscinny/Albert Uderzo et al., Ehapa 2023, 192 S., SC, farbig)
Mit mindestens zwei Sahnestücken für Goscinny/Uderzo-Fans wartet dieser preiswerte Sammelband auf: Luc Junior (22 Seiten) und Benjamin und Benjamine (51 Seiten) werden jeweils mit einem vollständigen Abenteuer nachgedruckt. In "Luc Junior bei den Marsmenschen" karikiert Uderzo seinen Freund Goscinny als Marsbewohner mit Schmetterlingsnetz. Dieser Spaß stammt von 1956/57, ist also nur wenige Jahre jünger als "Asterix". In der gleichen Zeit (1958/59) erschien auch "Benjamin und Benjamine bei den Cowboys" in einer französischen Jugendzeitschrift, die laut Wikipedia bis 1958 sogar Benjamin hieß und dann in Top Réalités Jeunesse umgetauft wurde. Die Reise, die Benjamin und Benjamine mit ihrem dusseligen Leibwächter durch die USA unternehmen, um ihre ungewöhnliche Belohnung in Besitz zu nehmen, erinnert daran, dass Goscinnys die USA durch seine Aufenthalte dort in den 1940/50ern gut kannte (und wo er Jijé, Morris und Franquin kennenlernte). Mit "Idefix und die Unbeugsamen" von 2022 steuern Olivier Serrano und David Etien zum Band einen Beitrag deutlich jüngeren Datums bei, in dem wir erfahren, wie Artus' Schwert in den Stein gelangt ist. Das ist dann allerdings doch nicht Excalibur, sondern das bedeutsame Schwert des Camulogenos. (adi)

 

Dezember 2022


Sam Hamm/Joe Quinones: Batman '89 Batman '89 (Sam Hamm/Joe Quinones, Panini 2022, 148 S., SC, farbig)
Da mit Superman '78 ein Comicband erschien, der an den Supermanfilm von 1978 anschließt, lässt der Band "Batman '89" erwarten, dass es um eine Comic-Fortsetzung des Batmanfilms von 1989 geht. Man erinnert sich bei diesem Film an den immergrinsenden Joker (Jack Napier), der mit Mordlust, Gas und irrem Kunstverstand seine Umgebung terrorisiert. Man erinnert sich an die Journalistin Vicky Vale, der der verliebte Batman wie ein Schuljunge stotternd seine Identität zu enthüllen versucht. Man erinnert sich an Batmans vielzipfligen Bat-Umhang und seine ledrige Gummimaske. Letzteres greift der nun vorliegenden Comic auf, inhaltlich geht es aber weder um den Joker, noch um Vicky Vale, sondern hauptsächlich um den Staatsanwalt Harvey Dent, der nach seinem Unfall zu Two Face wird. Interessant ist dabei, dass Sam Hamm, der Autor dieses Comics, einer der Drehbuchschreiber des 1989-Batmanfilms ist. Hamm schrieb auch ein Drehbuch für den daran anschließenden Batmanfilm, in dem neben Two Face auch Robin eine wichtige Rolle spielen sollte. Dieses Drehbuch wurde 1990 abgelehnt. Doch als Comicautor konnte Hamm seine Vorstellungen von einer passenden Fortsetzung umsetzen. In der kurzatmigen Erzählung tritt mit Selina Kyle ("Catwoman") dennoch auch eine wichtige Figur des zweiten Batmanfilms auf. Und Barbara Gordon, das spätere "Batgirl", muss schwere Schicksalschläge hinnehmen. (adi)

 
Bob De Groot/Philippe Francq: Frauen und Städte Frauen und Städte (Bob De Groot/Philippe Francq, Schreiber & Leser 2022, 100 S., HC, farbig)
Sechs Geschichten über sechs Frauen an sechs Orten: Mit diesem Gesamtband wird ein Frühwerk des Zeichners Philippe Francq in Erinnerung gerufen. Die Erzählungen führen nach Florida, Brüssel, New York, Paris, Amsterdam und Marseille, was allerdings keine große Rolle spielt. Die Frauen ereilt alle ein plötzliches Schicksal, jeweils ausgelöst durch die Männer ihrer Umgebung. An schwarzem Humor lässt es der Autor Bob de Groot nicht fehlen. Der Zeichner Philippe Francq, sehr bekannt durch seine grafisch bestechende Arbeit für "Largo Winch" (man denke nur an die beiden Alben von "Voir Venise... et mourir"), steht bei diesen 1987/88 entstandenen Arbeiten am Anfang seiner Kunst, wie man gelegentlich bemerken wird. Sein Faible und seine Stärke, für eine realistische Darstellung der Spielorte zu sorgen, schaffte schon damals beachtliche Bilder und Atmosphäre. Die ersten drei Geschichten kamen bei uns 1989 als zweiter Band mit dem Titel 'Helen' in der Reihe "Erotic Souvenirs" heraus, zu dieser Überschrift nicht passend, da es nicht um erotische, sondern um kriminelle Überraschungen geht, also um die verblüffenden Pointen am Schluss. Die gelingen. (adi)

 
Robert Venditti/Wilfredo Torres: Superman '78 Superman '78 (Robert Venditti/Wilfredo Torres, Panini 2022, 148 S., SC, farbig)
Der erste Superman-Film füllte 1978 die Kinosäle. Da sah man Kal-El zu Clark Kent werden und als Superman die Erdkugel und die Zeit zurückdrehen, um seine Lois Lane wiederzubeleben. Wegen guter Rechtschreibung und seinem hohen Tempo auf der Schreibmaschine wurde Clark Kent vom Chef Perry White in der Nachrichtenredaktion des Daily Planet angestellt. Lois Lane ist seine Kollegin, Jimmy Olsen der Fotograf und Lex Luthor das verbrecherische Genie. In diesem 1978-Umfeld spielt die von Robert Venditti geschriebene neue Erzählung von 2021/22, die sich wie eine Fortsetzung lesen lässt. Doch schon das Titelbild verrät, dass sich nun Brainiac in die Geschichte einmischt, eine Figur von 1958, die seit jeher als ein Hauptgegner von Superman fungiert, aber im Film von 1978 nicht vorkommt. In diesem Buch zwingt er Superman, sich ihm kampflos auszuliefern, um die Menschen in Metropolis zu retten. Kal-El kommt zu den anderen Kryptoniern in die Flasche. Der Witz der folgenden Auseinandersetzung ist, dass sich ausgerechnet Lex Luthor herausgefordert fühlt, gegen Brainiac anzutreten und Superman zu befreien. In der klassisch angelegten, unkomplexen Story fehlt es nicht an SciFi-Elementen und gleich über zwanzig Seiten bilden den entscheidenden Kampf des Superhelden ab. Metropolis darf nicht untergehen. (adi)

 
Zep: Was wir sind Was wir sind (Zep, Schreiber & Leser 2022, 88 S., HC, farbig)
Wenn es um unser Gehirn geht, schießen die vagen Vorstellungen von seiner Funktionsweise ins Kraut. Die einen meinen, eine genaue Kartierung der neuronalen Struktur durch Gewebeschnitte erlaube hinter die Hirnabläufe blicken zu können, die anderen halten es für illusorisch, den Zustand von 100 Billionen Synapsen beobachten, speichern oder gar interpretieren zu wollen, ganz abgesehen von einem Verständnis oder einem Aufzeichnen der jeweils laufenden elektrochemischen Vorgänge. Doch nimmt man an, dass es, wie im neuen Comic von Zep (d.i. Philippe Chappuis), im Jahr 2130 gelungen sein wird, Gedächtnisinhalte geben und nehmen zu können oder Träume und Sinneseindrücke zu lenken, dann könnte es einen Konstantin geben, der über ein zweites, digitales Gehirn verfügt. Dieses sei aber nicht in ihm, sondern im Data Brain Center gespeichert. Von dort versorge es ihn mit Wissen und (gefühlten) Fertigkeiten. Sogar seine gesamte Intelligenz sei dort gespeichert. Was unterscheidet ihn dann noch von einem Roboter, der von einer KI gesteuert wird? – Der Konstantin dieser SciFi-Erzählung erfährt leidvoll, was geschieht, wenn der Zugriff auf sein digitales Gehirn nicht mehr funktioniert. Mühsam versucht er, mit seinem biologischen Gehirn im Alltag zu bestehen. Er weiß nicht mehr, wer er ist, er kann nicht mehr lesen und schreiben, er streichelt eine Giftschlange. Die tatkräftige Neurowissenschaftlerin Hazel hilft ihm auf die analogen Sprünge. Den Comic mag man wie eine Parabel auf die Leute lesen, die ohne ihr Smartphone nicht mehr klarkommen. (adi)

 
John Ridley/Christian Duce et al.: Ich bin Batman 2: Der dunkle Ritter von New York Ich bin Batman 2: Der dunkle Ritter von New York (John Ridley/Christian Duce/Ken Lashley et al., Panini 2022, 132 S., SC, farbig)
Es ist nicht DER Batman, also Bruce Wayne, sondern ein Zweit-Batman, Jace Fox, der zuletzt in Gotham City unter den Verbrechern aufgeräumt hat (siehe Das Erbe des Dunklen Ritters). Jetzt ist Jace mit seinen beiden Schwestern und der Mutter nach New York gezogen. Der dortige Bürgermeister Villanueva kommt auf die Idee, eine Polizei-Sondereinheit aufzustellen, zu der der neue Batman gehören soll. Er meint, dass dieser lediglich sein "verfassungsmäßiges Recht" ausübe, Kriminelle an ihren Straftaten zu hindern. Steht das wirklich in deren Verfassung? Jace wird jedenfalls zur Mitarbeit gezwungen und erhält pro forma einen Dollar Gehalt im Monat. Der Polizeichef Commissioner Becket ist mit der Einrichtung einer solchen Sondereinheit nicht einverstanden, kann sich aber nicht durchsetzen. Er endet schrecklich. Auch Jace-Batman bekommt es mit dem mordenden Schurken zu tun, der mit einem dornigen Bügeleisen zu kämpfen versteht. Detective Adriana Chubb leitet die Sondereinheit, die die Mordfälle aufzuklären versucht. Trotz ihrer Abneigung gegenüber maskierten Vigilanten, muss sie dazu mit Batman eng zusammenarbeiten. – Als zweiter Sammelband dieser von einem alternativen Batman und den sich daraus ergebenden Verwicklungen handelnden Serie enthält er eine Erzählung, die überraschenderweise in den Bereich der surrealistischen Kunst hineinspielt. (adi)

 
Cambré/Legendre: Spirou und Fantasio Spezial 39: Der Wolfsmensch Spirou und Fantasio Spezial 39: Der Wolfsmensch (Charel Cambré/Marc Legendre, Carlsen 2022, 48 S., SC, farbig)
Spirou und Fantasio sind auf einer Reise in einen abgelegenen, idyllischen Landstrich. Mit ihrem Turbot geht es durch eine verschlafene Ortschaft, in der gerade André Franquin in einer Buchhandlung signiert. Von der tierreichen Gegend versprechen sich die beiden einen großartigen Artikel. Es heißt, dort gäbe es auch Wölfe. Die möchte man sehr gerne vor die Linse bekommen. Doch Steffani, die ewige Konkurrentin, will ebenfalls für den Tourismusverband des Ortes eine bebilderte Reportage schreiben. Im Gasthof begegnen sie Mister Richinuff, einem reichen Amerikaner, der dort einen Erlebnispark plant und dazu einen Talabschnitt fluten will. Davon sind die drei Reporter wenig begeistert und vermuten sogar eine Gaunerei des großspurigen Unternehmers. – Die reichlich mit Slapstick-Einlagen Fantasios versehene Geschichte bietet feine zeichnerische Anspielungen, wie beispielsweise Asterix und Obelix mit Wildschwein auf der Gasthofwiese. Zugleich stellen sich die Fragen, wie man mit dem Gips eine Stahlbetonfigur herstellt oder warum man eine Treibjagd mit 't' schreibt. Dieses Album ist das dritte der beiden Autoren (siehe Zantafios Plan oder Happy Family). Alle drei wurden aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzt, denn in Französisch erschienen sie kurioserweise nicht. (adi)

 
André Taymans: Eden 1 Eden 1 – Rückkehr in die Vergessene Welt (André Taymans, Schreiber & Leser 2022, 48 S., HC, farbig)
Im Juni 1970 schafft Kathy ihren Studienabschluss in Paläontologie. Umgehend meldet sie sich mit ihrem Diplom bei der erfreuten Großmutter. Nun kann sie sich mit Freunden und zwei VW-Bullis auf den Weg machen, mit Hilfe von Aufzeichnungen ihres Großvaters Edward Malone eine Vergessene Welt in Brasilien zu entdecken. Die lange Fahrt auf unbefestigten Pisten durch den Dschungel beginnt mit sechs Leuten, die sich zueinander frei im damaligen Geist der Hippie-Bewegung verhalten wollen. Es tauchen unverhofft zwielichtige Männer, ein starker Tom und eine brüchige Brücke auf. Als dann noch ein Flugsaurier über ihnen kreist, wird die Geschichte endgültig abenteuerlich. – Dieser neue Comic setzt auf dem 1912 erschienenen Roman "The Lost World" von Arthur Conan Doyle auf, was sowohl an der Wahl der Namen Edward Malone und Maple White, als auch an der Geschichte vom Hochplateau mit seinen urweltlichen Tieren deutlich wird. Auf der Hochebene kommen in diesem Comic fünf der jungen Forscher an. Jetzt wird man gespannt sein, ob Kathy und ihre Gruppe auf die Nachkommen der hochentwickelten Affen treffen wird, die bei Doyle zur großen Bedrohung der Expeditionsteilnehmer wurden. Doch man findet zunächst etwas ganz anders. (adi)

 
Arild Midthun/Bjørn H. Samset: Eva - Klima in der Krise Eva – Klima in der Krise (Arild Midthun/Bjørn H. Samset, Panini 2022, 64 S., HC, farbig)
Als Influencerin arbeitet Eva erfolgsorientiert und weltweit an Verbraucher- und Einkaufstipps für ihre Follower. Gerade fliegt sie nach New York, wo sie einen Vertrag mit einem multinationalen Sponsor schließen will. Sie sitzt zwischen zwei Männern, der eine hofft auf Taten gegen den Klimawandel, dem anderen sind nur sein 'Business' und der nächste Drink wichtig. Die Stewardess kommt mit einem Korb Äpfel vorbei. Im Weiteren spielt der Apfel als Hoffnungs-Symbol eine große Rolle, weshalb die Titelfigur auf dem Cover wohl einen leuchtenden Apfel in der rechten Hand hält. In New York stürzt Eva nach dem Aussteigen aus dem Taxi nach hinten, stößt sich den Kopf und erlebt traumhaft während der Besinnungslosigkeit die Zukunft einer Erde nach kommenden Klimakatastrophen. Das liest sich einige Seiten lang wie ein Hellboy-Comic mit Tod und Teufel, in dem alles unterzugehen droht. Auch die beiden Männer aus dem Flugzeug kämpfen mit. Der Finstere hat es auf den Apfelbaum, den Baum des Lebens, abgesehen. Eva bekommt den letzten Apfel zu fassen. Was macht sie damit? Hat sie einen Adam dafür? – Der Autor Samset ist Klimaforscher. Seine mit einiger Symbolik versehene Erzählung schließt mit drei Doppelseiten, die wissenschaftliche Szenarien zum Klimawandel übersichtlich darstellen. (adi)

 
Laurent Seksik/David François: Charlie Chaplin Charlie Chaplin – Die Comic-Biografie (Laurent Seksik/David François, Knesebeck 2022, 224 S., HC, farbig)
Die Lebensgeschichte des Charles "Charlie" Chaplin ist reich an Facetten, mit denen sich die Beschäftigung lohnt. Der Autor Laurent Seksik hat dazu aus nicht genannten Quellen vieles zusammengetragen, das sich bei Wikipedia nicht findet. Als Autor der Doku-Fiktion "Chaplin, la légende du siècle" nutzte er wohl sein damaliges Drehbuch. Er reicherte das Skript mit vielen Einzelheiten an, die das Buch nie eintönig werden lassen. Der Gefährte von Chaplin auf der Überfahrt nach Nordamerika ist ein gewisser "Stanley", man ahnt oder sieht, dass Stan Laurel gemeint ist, der zur selben Theatertruppe Fred Karno's Army wie Chaplin gehörte. 1913 verließ Chaplin diese Truppe und unterschrieb bei den Keystone Studios als Filmschauspieler. In der vorliegenden Comic-Biografie ist von ihm zugesagten 30.000 Dollar pro Film bei Keystone die Rede, ein Detail, von dem das Web wohl nichts weiß, das aber für den Startpunkt in Chaplins Filmkarriere steht. Er wechselte dann zu Essanay für 1.250 Dollar pro Woche. – Wichtige Zutat zu dieser Comic-Biografie sind die Dialoge, die Chaplin mit den Filmleuten, mit seinem Bruder, seiner Mutter, mit seinen Frauen, mit Gandhi, Einstein, Welles, Churchill führt. Sie erklären die Entwicklung seines politischen und privaten Engagements. Als geradezu entsetzlich dämlich stellt sich im dritten Teil des Buches die Verfolgung Chaplins in der McCarthy-Ära dar. Unglaublich, was das FBI und die verpeilten Politiker jener Zeit anrichten durften. (adi)

 
Brian Azzarello/Alex Maleev: Suicide Squad - Schnappt den Joker! Suicide Squad - Schnappt den Joker! (Brian Azzarello/Alex Maleev, Panini 2022, 164 S., HC, farbig)
Gerade fiel der Joker im vorherigen Buch einer Menschenfressersippe in die Hände (siehe Der Joker 3), jetzt sitzt ihm ein Himmelfahrtskommando, eine Suicide Squad namens 'Task Force X', auf den Fersen. Zu dieser von der Regierungsagentin Amanda Waller zusammengestellten Truppe aus Knastinsassen gehören Red Hood (d.i. Robin II aka Jason Todd) als Anführer und acht weitere SuperschurkInnen mit speziellen Fähigkeiten, darunter Harley Quinn. Ihnen allen wird ein Nachlass ihres Strafmaßes zugesagt, wenn sie von ihrer Mission erfolgreich zurückkehren. Selbstverständlich kann Waller diese gefährlichen Kriminellen nicht einfach ins Freie entlassen, ohne dass sie jedem/jeder etwas injizieren lässt, das ihn/sie von ihr abhängig macht: Amanda Waller besitzt eine 'Boom Box', mit der sie jedes Mitglied der Suicide Squad auf Knopfdruck vernichten kann, falls dieses nicht gehorcht. Joker schafft es, die Boom Box an sich zu bringen. Man ahnt, was dann wohl passieren könnte. Aber es kommt ganz anders... – Red Hood hat als Chef der Truppe im Laufe des brutalen Gefechts nicht nur eine schwierige Aufgabe zu erfüllen, auch seine Vergangenheit als jemand, der vom Joker einstmals getötet wurde und wie Lazarus von den Toten wiederauferstand, um zu Red Hood zu werden, lässt ihm in diesem albumgroßen Buch eine entscheidende Rolle zukommen. BLAM. (adi)

 
James Tynion IV/Giuseppe Camuncoli et al.: Der Joker 3 - Menschenfresser Der Joker 3 - Menschenfresser (James Tynion IV/Giuseppe Camuncoli/Francesco Francavilla et al., Panini 2022, 172 S., SC, farbig)
James "Jim" Gordon, vormals Commissioner des Gotham City Police Departments, hat von Cressida den Auftrag angenommen, den Joker für immer auszuschalten (siehe dazu auch Der Joker 2). Dass ein bis dahin derart korrekt handelnder Kriminalbeamter eine solche Aufgabe der Selbstjustiz übernimmt, liegt offenbar an dem Leid, das der Joker Jims Familie zugefügt hat. Der erste Teil dieses dritten, finalen Bands der Serie geht in einer Rückblende darauf ein. Nicht nur Jims Motive bei dieser Jagd auf den Joker sind klar, auch der Antrieb der Sampson-Familie, sich den Joker auf den Grill zu legen, ist einfach nachzuvollziehen. Ein Mitglied dieser reichen und menschenfressenden Familie, Billy, ist beim Gasangriff auf das Arkham Asylum getötet worden, eine Tat, die dem Joker zur Last gelegt wird. Doch der Clou der ganzen Story ist die Frage, warum auch der Bane-Klon Vengeance hinter dem Joker her ist und was Cressida und der Rat der Eulen mit ihren Talons für Interessen in dieser Jokerjagd haben. Als weiterer Teilnehmer an dem verwirrenden Spiel tritt das "Netzwerk" auf, welches Verbrechern eine Reihe von luxuriösen und gut abgeschirmten Erholungsorten anbietet. Es könnte überraschen, dass hinter allem jemand steckt, den man schon gar nicht mehr auf der Rechnung hatte. (adi)

 
Georges van Linthout: Lou Smog - Integral 1 Lou Smog - Integral 1 (Georges van Linthout, Kult Comics 2022, 136 S., HC, farbig)
Er wollte schon als Kind Comiczeichner werden und bewarb sich bereits mit 7 Jahren bei der berühmten Comichochschule Saint-Luc in Lüttich. Die nahmen ihn natürlich erst, als er älter war. Er studierte dort dann erfolgreich. 1982 erreichte ihn ein Telegramm vom Verlag Dupuis. Ein erster Comic von ihm wurde im Journal de Spirou abgedruckt. Doch er wollte keine Funnys, sondern Krimicomics machen, so wie Maurice Tillieux ("Jeff Jordan"), für den er sich begeisterte. Also wechselte Georges van Linthout zum Verlag Lombard. 1986 brachte er bei denen "Lou Smog" mit einem ersten Abenteuer im Journal Tintin heraus. – Der nun vorliegende Sammelband mit zwei albenlangen und zwei kürzeren "Lou Smog"-Krimis führt eingangs vorbildlich in den Werdegang des Zeichners ein. Georges van Linthouts Passion für das Zeichnen von (alten) Autos (siehe auch Brian Bones) und Flugzeugen wird insbesondere in "Carrera Panamericana" deutlich, die zweite Geschichte in diesem Band, in der Lou Smog und sein Kompagnon Lefti einen verschwundenen Flugzeug quer durch Mexiko nachjagen müssen. Bei diesem waghalsigen Autorennen, das es in den Jahren 1950 bis 1954 wirklich gab, sind auch demolierte Autos zu zeichnen, was der erfahrene Linthout problemlos meistert. (adi)

 
Danny DeVito/Stephanie Phillips/Dan Mora et al.: DC Celebration: Die Schurken von Gotham DC Celebration: Die Schurken von Gotham (Danny DeVito/Stephanie Phillips/Dan Mora et al., Panini 2022, 116 S., HC, farbig)
Auf dem Titelbild fehlt nur noch Catwoman, dann wären alle Schurken zusammen, um die sich die acht Erzählungen in dieser Anthologie kümmern. Und bei derjenigen über Catwoman ist die Überraschung dann auch in doppeltem Sinne groß, denn in der von Danny DeVito, dem Pinguin-Darsteller im Film "Batman Returns" von 1992, geschriebenen Story sind sie (alias Selina Kyle) und der Pinguin (alias Oswald Cobblepot) ein Liebespaar, welches viele Hubschrauberladungen an Gold nicht etwa für sich, sondern für eine weltweit gemeinnützige Aktion verwendet. Was findet die lange, wendige Katze an dem anderhalb Meter hohen, übergewichtigen Vogel denn nur so attraktiv? Ob es daran liegt, dass der Vogel halbwegs dichten kann ("Du, mein steiler Zahn – Ich, dein Pinguin-Galan.")? Im Buch, das zur Reihe "DC Celebration" gehört (siehe auch Wonder Woman) geht es anschließend mit dem albtraumhaften Scarecrow, der Öko-Aktivistin Poison Ivy, mit Red Hood, dem Mad Hatter und Ra's al Ghul weiter. An dieser Stelle kommt dann Talia al Ghul hinzu, die Tochter des langlebigen Arabers und wie Catwoman einstmals eine Liebe von Batman. Man erfährt, wie sie von ihrem Vater auf ihr späteres Leben als harte Kämpferin vorbereitet wird. Fast möchte man die Superschurkin bedauern. (adi)

 
Francisco Ibáñez: Clever & Smart 18: Ein Gegengift für Mister L Clever & Smart: Ein Gegengift für Mister L (Francisco Ibáñez, Carlsen 2022, 48 S., SC, farbig)
Es wird einem nicht langweilig, auch wenn im Grunde immer das Gleiche passiert: Entweder bekommt Clever gehörig eine verbraten oder Smart muss schmerzhaft dran glauben. Und das passiert in diesem klassischen Funny auf jeder Seite gleich mehrfach, aber immer erstaunlich anders. Während es im Dienste Ihrer Majestät beim Superagenten James Bond heißt, man lebe nur zweimal, so stehen unsere beiden Geheimagenten Fred Clever und Jeff Smart demgegenüber im Dienste von Mister L in jedem Album mehrere Dutzend Male nach ihrer Vernichtung zum nächsten Einsatz sofort wieder auf den Beinen. Der kahlköpfige Verwandlungskünstler Fred Clever ist Untergebener des zweihaarigen Jeff Smart und muss als solcher bei jedem Fehlschlag die wütenden Reaktionen von Jeff über sich ergehen lassen. Seit 1958 zeichnet Francisco Ibáñez die Serie, es erschienen hunderte Hefte und Alben in etwa zwanzig Sprachen. Sein Einfallsreichtum verblüfft. Dieses Mal werden die unglückseligen Agenten nach Pestilenzien geschickt, um Mister L ein Kraut zu besorgen, dass ihn von seinem Schweinekopf heilen soll. Der irre Forscher Dr. Bakterius hat eine seiner gefürchteten Erfindungen an Mister L ausprobiert. Wie peinlich, dass Clever & Smart das schweinische Haupt ihres Chefs anfangs gar nicht bemerken! (adi)

 
Chip Zdarsky/Carmine Di Giandomenico: Batman - Die Reise 1 Batman - Die Reise 1 (Chip Zdarsky/Carmine Di Giandomenico, Panini 2022, 164 S., SC, farbig)
Es hieße an dieser Stelle Eulen nach Athen zu tragen, würde man die Unterschiede in der jugendlichen Entwicklung der beiden Waisenkinder Clark Kent und Bruce Wayne lang und breit erklären. Man weiß, dem einen wurden seine außergewöhnlichen Fähigkeiten in die Wiege gelegt, der andere musste sie sich erst hart erarbeiten. Der eine wuchs in einfachen Verhältnissen auf dem Land auf, der andere wurde mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und wird in Gotham City tagein, tagaus von einem sich aufopfernden Butler umsorgt. Dem Autoren Chip Zdasky kam die Idee, den leidvollen Weg von Bruce Wayne ab dessen Schulzeit bis zum einsatzfähigen Batman nachzuerzählen. Der erste von zwei Bänden liegt nun vor, die mit 'Die Reise' betitelt wurden, was dem Inhalt gerecht wird. Denn Bruce beschließt, Alfred Pennyworth und Gotham zu verlassen, um sich an anderen Orten dieser Welt weiterbilden zu lassen. Seine Ausbildungsreise führt ihn nach Paris, wo er bei Gray Shadow lernt, unbemerkt in Gebäude einzudringen, nach Korea, wo er bei Meister Kirigi seine Kampfkünste trainiert, und nach Russland, um sich bei Avery Oblonsky in Sachen Verkleidung und Spionage schlau zu machen. Womöglich erklärt sich durch Avery Oblonsky im kommenden Band 2 endlich auch genauer, wie Bruce auf die Idee kam, sich als Fledermaus zu verkleiden. (adi)

 

 
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